Geschichte der Blücher-Kaserne

 

Die Auricher Kaserne war während des Zweiten Weltkrieges für die Kriegsmarine eine wichtige Ausbildungsstätte. Hier wurde zusätzlich neben der Fernmeldeschule Mürwick bei Flensburg der Nachwuchs an Funkern und Fernmeldern ausgebildet. Erst 1959 wurde Aurich wieder Standort der Bundeswehr. Die Stadt ist zwar nach der Reform der Bundeswehr offizieller Standort, es bleiben jedoch lediglich der Technische Zug für den Betrieb der Radarstellung Brockzetel, die Karriereinformation im Gebäude des Arbeitsamtes, das Munitionslager der Streitkräftebasis in Tannenhausen und das mit Reservisten besetzte Kreisverbindungskommando.

1938 – 1945 MARINE-NACHRICHTENSCHULE

Aufgrund des Ausbaus der Flotte entstand ein großer Bedarf an Tastfunkern. Am 25. Februar 1938 wurde der Auricher Landrat Krieger dann von der Marinestation Nordsee informiert, dass bei der Suche nach weiteren Marinestandorten auch die Eignung Aurichs geprüft würde. Der Befehl zur Aufstellung der 1. Kompanie wurde am 4. August 1938 erlassen. Der feierliche Einmarsch von Soldaten der Marineschule zum Auricher Marktplatz fand am 1. Oktober 1938 unter großer Beteiligung der Auricher Bevölkerung statt. Die sechsmonatige Ausbildung zum Funkgasten begann unmittelbar danach. Die Gebäude wurden in Rekordzeit hochgezogen. 1942 wurden die letzten Gebäude fertiggestellt.

1941 – 1945 Flugplatz Brockzetel

Mit dem Bau eines Flugplatzes wurde 1941 begonnen. An der Südostecke entstanden mehrere Gebäude, darunter große Lagerhäuser, eine Tankstelle und ein kleines Munitionslager mit Bunkern. In der zweiten Hälfte des Krieges sollte der Platz zum Ausweichflughafen für den Fliegerhorst Wittmundhaven ausgebaut werden. Mit dem Bau einer betonierten Start- und Landebahn und eines Rollweges zum 7 Kilometer entfernten Flughafen in Wittmund wurde begonnen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die zum Betrieb eines Flugplatzes notwendige Einrichtung zerstört. Die Royal Airforce Germany richtete in den fünfziger Jahren im östlichen Bereich eine Radarstellung ein. Daraus wurde dann ein in das Luftverteidigungssystem eingebundenes Controland Reporting Center (CRC). Das Gelände wurde Standortübungsplatz für Aurich, Wittmund und Emden. Am Westrand wurde eine Standortschießanlage eingerichtet. Heute nutzt der Luftsportverein Aurich die Start- und Landebahn.

1949 – 1959 IRO - Lager

Schon vor dem Zweiten Weltkrieg gab es in Ostfriesland zu wenig Arbeitskräfte, vor allem bei der arbeitsintensiven Landwirtschaft. Im September/Oktober 1939 trafen die ersten polnischen Kriegsgefangenen in Ostfriesland ein. Es folgten ab September 1940 französische und ab Oktober 1941 russische Kriegsgefangene. Die United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRAA) betreute diesen Personenkreis von 1945 bis 1949 und organisierte zusammen mit den betroffenen Regierungen die Rückkehr in ihre Heimatländer. Am 13. September 1949 wurde dann vom Befehlshaber der Britischen Rheinarmee BAOR entschieden, in der Kaserne der Marinenachrichtenschule ein IRO-Umsiedlungslager mit einer Kapazität von 2.000 bis 2.500 Plätzen einzurichten. Der Auricher Stadtrat und der Hauptausschuss des Kreistages baten in einer gemeinsamen außerordentlichen Sitzung am 15. September 1949, wegen der besonderen Verhältnisse in Aurich die Entscheidung zurückzunehmen und um die Erlaubnis, die Anlage als Schule und Krankenhaus sowie für Wohnungen nutzen zu dürfen. Die Bevölkerung war zwischen 1939 und 1949 von 6.875 auf 12.179 gestiegen. Die Kaserne war geeignet, die Wohnungsnot zu lindern. Der Befehlshaber der Britischen Rheinarmee nahm seine Entscheidung nicht zurück, das Umsiedlungslager wurde am 15. April 1950 eröffnet.

1953 – 1959 Flüchtlings – Durchgangslager

Bis 1952 flüchteten jährlich 120.000 bis 180.000 Bewohner der DDR. Die Maßnahmen zur Verstaatlichung der Privatwirtschaft und zur Kollektivierung der Landwirtschaft sowie die Niederschlagung des Volksaufstandes am 13.06.1953 führten dazu, dass die Zahl der Flüchtlinge sprunghaft anstieg. Das Land Niedersachsen verfügte im August 1953 über 13 Übergangslager, viel zu wenig für diesen Ansturm. Geplant war die Aufnahme von 2.400 Flüchtlingen, die sechs Monate in Aurich bleiben sollten. Die endgültige Kapazität wurde mit 4.200 festgesetzt. Der höchste Bestand war im Oktober/November 1957. Die Kirchen kümmerten sich um die Flüchtlinge. In der Kaserne befindet sich bis heute eine von allen Religionsgemeinschaften nutzbare Kapelle. Anfang Juni 1954, rechtzeitig vor Pfingsten, wurde für die evangelische Lagergemeinde ein vom Auricher evangelischen Kirchenvorstand gebauter Glockenstuhl mit Glocke geweiht.

Aufnahmeländer suchten Ausreisewillige. Die Zahl der Flüchtlinge ging zurück. Am 11.06.1959 waren nur noch 500 Flüchtlinge im Lager Aurich, am Tag darauf nur noch 300.

Ab 01.07.1959 wurden die einzelnen Blöcke an die Bundeswehrverwaltung übergeben.

 

Quelle: Nassua, Rudolf (2013): Die Geschichte der Auricher Blücher-Kaserne, von der Planung 1938 bis 2013, Historisches Museum Aurich - Aurich, 2013